empört mich

empört mich

Schauspieler: Guten Abend.
Schön, dass sie gekommen sind.
Es ist aber umsonst.
Sie können, Sie sollten jetzt wieder gehen.
Solange Sie es können.
Sie sollten nicht hier sein.
Denn es ist sinnlos.
Hier zu sein.
Es ist zwecklos.
Ihr Hier sein ist ja der Skandal.
Ihr Hier sein disqualifiziert Sie kategorisch als Publikum.
Macht Sie hier, aber auch allgemein unbrauchbar.
Für mich
für uns
für sich.
Auch dass ich hier bin, ist skandalös.
Macht mich für mich, wie für sie unbrauchbar.
Unbrauchbar wozu?
Unbrauchbar um das Vorhaben, das ich für den heutigen Abend hege, durchzuführen.
Unbrauchbar für jedes Vorhaben.
Unbrauchbar für den Vorgang Theater, abgesehen vielleicht von einer reinen Form der Unterhaltung, der Berieselung.
Also gehen sie.
Sie machen es sich,
sie machen es mir leichter.
Dass sie zu berieseln, nicht Zweck meiner Anstrengungen ist, haben wir ja hiermit geklärt.
Also erwarten sie jetzt…?
Es wird nicht angenehm.
Und es wird auch nicht erfüllen was ich mir erhoffe.
Das, wenn ich mir sie so ansehe, weiß ich schon jetzt.
Das Problem sind nicht Sie in persona, soviel sei gesagt.
Das Problem ist ihr Hier sein.
Wissen Sie, ich würde Sie ja so gerne aufrütteln.
Sie wie mich.
Geistig wie physisch.
An der Hand packen,
oder bei heftiger Gegenwehr eben im Nacken
und aufrütteln.
Fest
intensiv
aber freundschaftlich
aufrütteln.
Damit wir, damit sie und ich etwas tun dagegen.
Aber nun sind sie ja da
und haben Eintritt bezahlt
und sitzen da gut sortiert vor mir
da
und sind unnütz, unbrauchbar.
Sie interessieren sich ja.
Wir können also höchstens darüber reden.
Und etwas langweiligeres als nochmals darüber geredet zu haben kann ich mir nicht vorstellen.
Etwas langweiligeres und bedeutungsloseres als nochmals darüber geredet und schlimmstenfalls verstanden zu haben ist unvorstellbar.
Wobei ja jeder seine Position, also sein Weltbild – diesen kleinen inneren Schatz der jedem, der Ihnen wie mir erlaubt, ein so untätiges bigottes Arschgesicht zu sein wie er – wie wir es eben sind – und sich dennoch betrachten zu können, ohne sofort in spontanem Brechreiz auszuwerfen. Diese (nennen wir sie) Selbstlegitimationswand wird ehern stehen und darüber unser Gespräch hinweg wehen wie ein Mailüfterl.
Schlimmer noch: Sie, sowie ich, wir werden uns durch das gute Gespräch bestätigt fühlen in unserer Selbstzufriedenheit. Es wird der Wand noch ein paar Ziegel hinzugefügt haben, und zufrieden, ob unserer Fähigkeit sich, also einander unter einander auszutauschen – im Austausch der Gleichen natürlich ohne sichtbare Veränderung – werden wir hingehen und uns rechtschaffen fühlen.
Schlimmer noch: Sie, die Sie hier hergekommen sind in dieses `schwierige Stück` haben ja bis auf ein paar Verirrte vorsätzlich gehandelt.
Sie wollen das ja.
Das Gerüttle.
Sie sind ja hier um gerüttelt zu werden, und dadurch ganz sicher der falsche Adressat.
Sie sind ja schon ihrer selbst enthoben und können sich, wie mir eine Note verleihen im erregen, im erregt sein.
Ich rüttle dich, ich schüttle dich, ich…
Also sind sie unbrauchbar für mich; im weiteren Sinne aber für jede Zivilgesellschaft, gehen wir davon aus, dass ihr Verhalten hier im Saal, und davon bin ich überzeugt, das draußen in der Welt widerspiegelt.
Haben Sie übrigens bemerkt wie ich gerade diesen Saal aus der Welt gehoben, ihn abgekoppelt habe, als sei er nicht Teil davon. Daraus kann man auf meine eigene Unbrauchbarkeit rückschließen, aber das nur am Rande.
Was also bleibt, wäre sie anzuprangern in ihrer Unbrauchbarkeit. Ihnen Ihre Unzulänglichkeit ins Gesicht zuschlagen, wäre das nicht der sinnloseste aller Vorgänge.
Denn einer Sache kann ich mich nicht erwehren. Ich stehe hier auf einer Bühne – leider.
Und das, mein Auf-der-Bühne-Stehen und ihr Im-Publikum-Sitzen verunmöglicht jede Erregung die das Niveau gehobener Onanie durchbrechen soll ganz grundsätzlich.
Also Gehen Sie!
Ich kann mich vor ihnen erregen.
Wenn sie es wollen.
Über zum Beispiel faschistoides Denken – mein Steckenpferd sozusagen – zur Not sogar annehmen, dass einer unter ihnen – und dafür wäre ich ja dann insgeheim dankbar – dass einer unter Ihnen dieses Weltbild offen vertritt.
Und mich in den verbal verbeißen.
Aber SIE sind ja da. Und DIE sitzen nicht vor Bühnen wohl sortiert und warten auf Erregung. Außerdem würde sich der Rest, der nun endgültig in seine reine Beobachterrolle zurückfallen würde zu Tode langweilen. Und den einen Nazi umzudrehen würde ich wohl doch nicht schaffen, sind DIE doch, wie wohlbekannt ist, argumentationsresistent. Nicht so wie sie nur über der Wand, nein auch kein Mailüfterl.
Und gegen blanke Blödheit kann ich ja auch nicht.
Ihr Hier sein macht sie unbrauchbar.
Das einzige wozu sie mir noch dienen können, wozu wir einander noch dienen können, ist als Wixvorlage.
Im geistig-
gutbürgerlich-
intellektuell überhöhten Sinn natürlich.
Als Wixvorlage
Das ist das höchste
Die
WIXVORLAGE
sie meine und ich ihre
WIXVORLAGE
Ist ein schönes Wort, klingt so sportlich.
WIX VOR LAGE
Sehen Sie jetzt war ich ostentativ unflätig und wieder nichts, oder fast nichts.
Das hat ja nicht einmal was mit Provokation zu tun.
Erregung! Erregung.
Bitte!
Vielleicht sind wir alle, Sie und ich einfach zu selbstreflektiert um irgendetwas sinnvolles zu Stande zu bringen.
Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass ich ihnen meine Gedanken unterstelle.
Gehen sie
gehen sie
Sonst bleibt mir nichts anders übrig als mit einer Show zu beginnen, als mit dem Vorspiel anzufangen. Alle mit der Hand in der Hose – bestenfalls, oder mit dem Stift auf dem Block – schlimmstenfalls.
Und danach unterhalten wir uns wie es,
wie ich war.
[PAUSE; dann resigniert:]
Ich fange jetzt an.
[Titel und/oder erste Sätze irgendeines dem jeweiligen Schauspieler besonders verhassten Stücks.]

Ein schauspieler, der den glauben verloren hat an die sinnhaftigkeit seines berufes, wird gekidnapt und zum spielen gezwungen. Ein publikum dass zum gehen genötigt wurde, wird zum bleiben gebeten. 2 fanantische humanisten versuchen mit gewalt die menschlichkeit in die welt zu tragen. Politiker, die nicht gekommen sind, sollen ein karthatisches erlebnis erfahren. Asylanten und neo österreicher, die es wirklich gibt, erzählen ihre lebensgeschichten. am ende glaubte der schauspieler, es verzweifeln die humaisten/terroristen, und was hat das den asylanten gebracht? der schauspielert erkennt und tötet sich – natürlich mit einer requsitenpistole! Eine selbsterfahrung in sachen egoismus und engagement.

ER: Es tut mir unendlich leid, dass ich sie in diese Situation bringe. Dass sie da jetzt sitzen müssen bis wir fertig sind. Es ist eine verzweifelte Maßnahme, dessen bin ich, – dessen sind wir uns bewusst. In außergewöhnlichen Zeiten bedarf es außergewöhnlicher Aktionen. Ich bin mir auch dessen bewusst, dass wir mit Konsequenzen zu rechnen haben. Ich bin bereit meinen teil zu tragen. Sie sind ja nicht gemeint. Sie sind ja da; sind vorsätzlich gekommen um dieses Stück da, das Stück zu sehen. Aurel sagt etwas politisches irgendwie. Und das nehme ich ihnen jetzt weg; mindestens. Also. Sie brauchen sich nicht zu sorgen. Sie verhalten sich bisher zumindest durchaus unseren Erwartungen entsprechend und haben somit nichts zu befürchten. Ich freue mich fast dass sie da sind, also dass sie persönlich da sind sie im speziellen.

Sie: Wir sind jetzt da und und dass mag sie wundern wir sind ihnen ihr sinngeber, wir können sie berufen, ihnen die berufung unter die haut implantieren und den sinn geben; zurückgeben. Wir übernehmen jetzt die rolle die für sie sonst einige klatschzeitungen oder die nervenden nachbarn mit ihren kindern einnehmen, die ihnen seit jahr und tage gesprächsstoff und die schlichte möglichkeit geben, position zu beziehen, sich zu positionieren gegenüber einem konkreten. Damit sie ihre außenhaut spüren, die umgrenzung ihrer selbst die sie erst zu sich machen kann, die ihnen ermöglicht ihr ich – sein als solches zu definieren. Wir werden ihnen sinnvollen stoff geben diese grenze nachzuziehen, gute kleidung für ihr selbst oder die grenze aufheben. Wir werden sie befreien von sich selbst im schlimmsten fall, von einigen gewisseheiten im besten.
Sehen sie ich glaube…

Mit: Aurel von Arx, Katha Vötter, Björn Büchner
Bühne: (fremdes Bühnenbild wird zweckentfremdet/ gekidnappt / beim Mitschnitt war es Nabucco N.N.)
Regieassistenz: Louiese Wiese
Text/ Regie: Peter Pertusini
Video: Alle Beteiligten